Spiritualität

Was verstehen wir unter Spiritualität?

«Spiritualität ist Lebensgestaltung aus dem Glauben», heisst es in Artikel 70 der Kirchenordnung. In den Paulusbriefen kommt das Adjektiv «pneumatikos» vor als lebenstransformierende Gegenwart des göttlichen Geistes. Das frühe Christentum verstand sich als eine spirituelle Bewegung innerhalb der jüdischen Religion. (1) Die Begriffsgeschichte von Spiritualität ist komplex. Einzelne Stränge reichen ins frühe Christentum zurück, in die christliche Ordenstradition, die französische Mystik, angelsächsische Erweckungsbewegungen oder die Theosophie.

Ein dualistisches, auf das griechische Denken zurückfährbares Verständnis des Spirituellen als potenzieller Gegenspieler des Körperlichen lässt sich ein biblisch geprägte Verständnis gegenüberstellen von Geist als rûaḥ, Atem; und mithin untrennbar vom körperlichen und biologischen Leben.

Im heutigen Sprachverständnis ist Spiritualität ein weit gefasster Begriff. Vielfach sprengt der Begriffsgebrauch den religiösen Rahmen. Bei «Spiritual Care» sind die Grenzen zur Psychologie fliessend. (2) Das gleich gilt für den boomenden Bereich der Achtsamkeit (mindfulness). Gerade die Bedeutungsoffenheit und terminologische Unschärfe aber birgt möglicherweise auch innovatives Potenzial.

Fussnoten

(1) Vgl. Simon Peng-Keller, Simon Peng-Keller, «Zur Herkunft des Spiritualitätsbegriffs. Begriffs- und spiritualitätsgeschichtliche Erkundungen mit Blick auf das Selbstverständnis von Spiritual Care», in: Spiritual Care, 3. Jahrgang, 1/2014.

(2) Unter dem Schlagwort «Spiritual Care» hat der Begriff auch Eingang in WHO-Bestimmungen gefunden. Laut einer Definition der EPAC Reference Group on Spiritual Care ist «Spirituality the dynamic of human life that relates to the way persons (individual and community) experience, express and/or seek meaning, purpose and transcendence, and the way they connect to the moment, to self, to others, to nature, to the significant and/or the sacred.»